Wichtigste Erkenntnisse

  • Biogas und Biomethan sind erneuerbare Energiequellen mit verschiedenartigen Anwendungsmöglichkeiten, die von der Heizung und Stromversorgung bis zum sauberen Transport reichen.
  • Um Biomethan als Ersatz für fossile Brennstoffe zu nutzen, muss keine neue Infrastruktur gebaut werden.
  • Biomethan kann gespeichert werden und das Produktionsvolumen kann an Schwankungen der Energienachfrage angepasst werden.
  • Staatliche Anreize ermöglichen zunehmende Investitionen in Biogasprojekte.

Biogas hat in den letzten Jahren als weitere Quelle für erneuerbare Energie, neben Wasserkraft, Sonnenenergie und Windkraft, an Beliebtheit gewonnen. Biogas wird aus der Zersetzung organischen Materials1 gewonnen, zum Beispiel aus landwirtschaftlichen oder Siedlungsabfällen, und kann als Ersatz für herkömmliches Erdgas genutzt werden. Der Anteil von Biogas und Biomethan an der weltweiten Energieversorgung beträgt weniger als 1%2. Damit bleibt ihr Potenzial bisher weitgehend ungenutzt.

Was ist Biogas?

Bei der Zersetzung von organischem Material mithilfe von Bakterien werden Methan und Kohlendioxid freigesetzt. Das Kohlendioxid kann dann aufgefangen und zur Produktion von Biomethan verwendet werden. Dabei handelt es sich um eine höherwertige Form von Biogas, das zu fast 100% aus Methan besteht.3 Biomethan gilt als «grünes Gas» oder «regeneratives Gas», da es ein 100% regenerativer Brennstoff ist.4 Wie Abbildung 1 zeigt, kann Biomethan in Erdgaspipelines eingespeist und auf diese Weise transportiert werden. Das bedeutet, dass keine zusätzlichen Investitionen für die Entwicklung neuer Infrastruktur nötig sind, da die bestehende Gasinfrastruktur für den Transport von Biomethan genutzt werden kann.

Abbildung 1: Produktionsprozess von Biogas und Biomethan

Fig 1: Schematische Darstellung des Produktionsprozesses von Biogas und Biomethan.

Schematische Darstellung des Produktionsprozesses von Biogas und Biomethan

Vorteile von Biogas

Sonnenenergie und Windkraft sind intermittierende Energiequellen, da sie von der Verfügbarkeit von Sonnenlicht und Wind zur Energieerzeugung abhängen. Batterien können diese Beschränkungen teilweise abfangen, aber nur für wenige Stunden. Im Gegensatz dazu kann Biomethan als Grundlastbrennstoff dienen und die Beschränkungen von intermittierenden erneuerbaren Energieerzeugungssystemen ausgleichen,3 denn mit Biomethan erzeugter Strom ist rund um die Uhr verfügbar.

Biogas hat viele Vorteile.4 Die netzunabhängige Energieerzeugung vor Ort verringert die Abhängigkeit von Ãœ²ú±ð°ùtragungsnetzen. Biogas kann für den Betrieb von Blockheizkraftwerken genutzt werden, die sowohl Wärme als auch Strom erzeugen. Biomethan bietet zudem einen ökologischen Nutzen. Es kann den Klimaschutz unterstützen und dazu beitragen, die Methanemissionen zu verringern. Methan ist eines der schädlichsten Treibhausgase (THG). Deshalb wurde auf der Klimakonferenz COP26 vereinbart, seinen Ausstoss drastisch zu reduzieren (Methan-Versprechen).5  Mehr noch: Biogas kann die Kreislaufwirtschaft unterstützen, da der Verbrauch von Ressourcen reduziert wird. Gärrückstände, die als Nebenprodukt der Biogaserzeugung entstehen, können als natürliches Düngemittel zur Nahrungssicherheit beitragen.

Chancen und Herausforderungen

Die Grössenordnungen von Biogas- und Biomethanprojekten variieren. In Schwellenländern wird Biogas hauptsächlich in kleinen Anlagen produziert, häufig im ländlichen Raum.6 Trotz des Potenzials landwirtschaftlicher Pflanzenabfälle in vielen Entwicklungsländern wird die Biogasproduktion im grösseren Stil durch den mangelnden Technologiezugang und fehlende staatliche Anreize gehemmt. Dies steht im Gegensatz zu Industrieländern, wo grosse Biogasanlagen Strom und Wärme aus landwirtschaftlichen oder Siedlungsabfällen erzeugen.7

Ähnlich wie bei anderen Projekten für erneuerbare Energien besteht eine der Herausforderungen der Umsetzung von Biogaslösungen in der gesellschaftlichen Akzeptanz, die derzeit als eine der grössten nichttechnischen Hürden für die erfolgreiche Realisierung standortspezifischer Biogasprojekte angesehen wird. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine mangelnde Unterstützung durch lokale Gemeinschaften, auch durch lokale Entscheidungsträger, Anspruchsgruppen und Bürger, die erfolgreiche Umsetzung von Energieprojekten gefährden können, die ansonsten als technisch und wirtschaftlich machbar angesehen werden. Die Identifizierung von nichttechnischen Faktoren und eine angemessene Kommunikationsstrategie sind daher von entscheidender Bedeutung, um das Risiko einer negativen öffentlichen Wahrnehmung zu mindern.8

In der Vergangenheit bestand die grösste Herausforderung für Biogasprojekte darin, dass sie mit den Stromgestehungskosten anderer regenerativer Technologien konkurrieren mussten9, wie Abbildung 2 für Deutschland zeigt. Biogas lag in Bezug auf die Stromeinspeisung im Jahr 2021 hinter Sonnenenergie und Windkraft. Das deutsche Beispiel verdeutlicht die Rolle von Änderungen der Subventionen für Biogasanlagen, die von Energiepflanzen gespeist werden. Aufgrund der Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Bodennutzung wurden die Subventionen 2014 deutlich reduziert. Und 2017 wurde ein Ausschreibungssystem eingeführt.10  Die staatlichen Anreize haben sich jedoch im Laufe der Zeit verändert. Dadurch wurde die Biogasproduktion zu einer zunehmend attraktiven Investitionschance für Versorger und die Industrie.

Abbildung 2: Stromgestehungskosten erneuerbarer Energietechnologien in Deutschland

Fig 2: Eine Balkengraphik, die die Stromgestehungskosten aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland aufzeigt, von kleinen Photovoltaiksystemen auf dem Dach bis zu Gasturbinen.

Eine Balkengraphik, die die Stromgestehungskosten aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland aufzeigt, von kleinen Photovoltaiksystemen auf dem Dach bis zu Gasturbinen.

In der EU unterstützen Fördergelder aus dem Europäischen Green Deal (2019),11 den Erneuerbare-Energien-Richtlinien (2018 und 2023), Fit für 55 (2021) und dem REPowerEU-Plan (2022) Investitionen in Biogas und Biomethan. In ähnlicher Weise qualifizieren sich Unternehmen in den USA, die in Biogasprojekte investieren, für Steuerermässigungen im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) (2022).12 Den Prognosen von EurObserv’ER13 zufolge wird die Stromerzeugung aus Biogas in der Eurozone von 58,7 TWh im Jahr 2022 auf 80 TWh bis 2030 steigen. In den USA ist es aufgrund der reichlichen Verfügbarkeit von Erdgas zu geringen Produktionskosten auf mittlere Sicht schwieriger, ähnliche Wachstumsraten wie in Europa zu erreichen.

Der kürzlich bekanntgegebene Abschluss einer langfristigen Biomethan-Abnahmevereinbarung zwischen einem französischen Versorger und einem deutschen Chemieunternehmen14 veranschaulicht diese Chance. Das Chemieunternehmen kann dadurch Produkte mit einer CO2-Bilanz von null anbieten. Diese Produkte können in einer Reihe von Branchen zum Einsatz kommen wie zum Beispiel in Automobilen, Waschmitteln, Textilien und der Holzbearbeitung. In den USA ermöglichen Projekte für regeneratives Erdgas die Verarbeitung von Biogas aus Mülldeponien. Ein Teil davon wird als Treibstoff für Schwerlastfahrzeuge verwendet, wo es fossile Brennstoffe ersetzt und THG-Emissionen vermeidet.15 Daher sind wir der Ansicht, dass Biomethan ein wichtiger Wegbereiter der Kreislaufwirtschaft ist und zu positiven Umweltauswirkungen über den Lebenszyklus nachhaltiger Produkte hinweg beiträgt.

S-08/24 NAMT-1476

Ãœ²ú±ð°ù den Verfasser
  • Julio Giró

    Julio Giró

    CFA, Senior Portfolio manager, Thematic Equities

    Julio Giró ist Senior Portfolio manager im thematischen Aktienteam und leitet die Infrastruktur Aktienstrategie. Er begann seine Berufslaufbahn im Jahr 1992 als Sellside-Analyst für Versorger in Argentinien. Im Jahr 1997 wechselte er zu ÃÛ¶¹ÊÓƵ, wo er lateinamerikanische Versorger analysierte. Später weitete er seinen Zuständigkeitsbereich auf europäische Versorger und Finanzunternehmen aus und wurde Portfolio manager. 2008 begann Julio Giró, europäische Strategien für qualitativ hochwertiges Wachstum zu verwalten und die weltweite Aktienauswahl für globale Income- und Value-Portfolios zu unterstützen. Er besitzt einen MSc in Umweltmanagement, einen MSc in Bank- und Finanzwesen und einen Abschluss in Betriebswirtschaft. Er ist seit 1999 Chartered Financial Analyst.

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