Merton H. Miller, einer der bekanntesten ?konomen der Chicagoer Schule, wurde f¨¹r seine fundamentalen Weiterentwicklungen auf dem Gebiet finanzieller und wirtschaftlicher Regulierungsprobleme, mit besonderem Fokus auf die Finanzdienstleistungsbranche, geehrt. Seine Zusammenarbeit mit Franco Modigliani?resultierte nicht nur in einer engen Freundschaft, sondern auch in der Ausarbeitung eines Theorems, das alle vorhergehenden Arbeiten und Ansichten zur Beziehung zwischen dem Wert eines Unternehmens und seiner Fremd- und Eigenkapitalstruktur auf den Kopf stellte. Dar¨¹ber hinaus hatte Miller w?hrend seiner Berufslaufbahn auch prestigetr?chtige Positionen als ?konom f¨¹r die US-Bundesregierung und ?ffentlicher Direktor im Chicago Board of Trade inne.

Merton H. Miller
Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, 1990 (anteilig)
Wo kommen brillante Ideen her?
Etwa zu der Zeit, als sich die Gangster aus Chicago zur¨¹ckzogen und in Miami bessere Chancen suchten, begann Miller, seine letzten Jahre in der ?Windy City? Chicago zu feiern, wie er sich 1992 erinnerte. Trotz seiner Vorliebe f¨¹r schwarzen Humor war sich der Nobelpreistr?ger sehr wohl bewusst, dass er immer ein ausserordentlich angenehmes Leben hatte.
Nachdem er selbst w?hrend der Weltwirtschaftskrise aufgewachsen war, die sein Interesse an den Wirtschaftswissenschaften geweckt hatte, wurde er in seiner beruflichen Entwicklung durch Pers?nlichkeiten wie den Nobelpreistr?ger George Stigler beeinflusst, der den jungen ?konomen f?rderte und unterst¨¹tzte. ?Ich habe von George Stigler in zwei oder drei Monaten beim Mittagessen mehr ¨¹ber die Wirtschaft gelernt als in vier Jahren an der Uni?, erinnerte er sich. ?Er hatte einen sehr erlesenen Geschmack. Daher gab ich praktisch mein ganzes mageres Gehalt als wissenschaftlicher Mitarbeiter daf¨¹r aus, mit ihm zu Mittag zu essen.? Solche Interaktionen und Dialoge bildeten nach Ansicht von Miller die Basis einer erfolgreichen Wirtschaftswissenschaft.
Man zieht nicht einfach los und hat einen brillanten Einfall. Man redet, man diskutiert, man argumentiert. Effektiv ist jedes ausgezeichnete Papier das Ergebnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit.
Den Aktienmarkt verstehen
Den Aktienmarkt verstehen
Ironischerweise lautete sein ber¨¹hmter Rat dazu, wie man am Markt Geld verdienen kann, dar¨¹ber zu schreiben, statt sich selbst zu beteiligen. ?Am Aktienmarkt laufen die Leute nicht herum und werfen Papiere zu Boden ¨C das ist nur eine Inszenierung f¨¹r die Fernsehzuschauer. Was wir am Ende des Tages tun, ist, die Kurse und die aufgelaufenen Volumen zusammenzutragen und zu analysieren. Wir versuchen, die Bewegungen zu verstehen. Warum entwickelt sich etwas auf diese und nicht auf jene Weise? Das ist sehr wichtig.?
Spielt es eine Rolle, wie man eine Pizza schneidet?
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Um den Menschen zu helfen, einen seiner wichtigsten wissenschaftlichen Beitr?ge, das Modigliani-Miller-Theorem, zu verstehen, verwendet Miller das Beispiel einer Pizza. ?Der Pizzamann kommt zum Kunden und sagt: ?Wie soll ich Ihnen diese Pizza aufschneiden? M?chten Sie, dass ich sie in Viertel schneide?? Und der Kunde antwortet: ?Nein, schneiden Sie sie in acht Teile. Heute bin ich ziemlich hungrig.? Wenn Sie verstehen, warum das ein Witz ist, verstehen Sie, was das Modigliani-Miller-Theorem ist.? Miller erkl?rt, dass es keine Rolle spielt, wie Sie die Pizza aufschneiden. Es bleibt die gleiche Pizza. Das war ein einfaches Beispiel daf¨¹r, dass es an den Finanzm?rkten keine Rolle spielt, wie viele verschiedene Arten von Wertpapieren Sie ausgeben. Der Gesamtwert bleibt der gleiche. ?Sie sollten daher nicht weiter nach der idealen Kombination suchen?, sagt Miller.
Es ist jedoch nicht ganz so einfach (darum erhielten die beiden auch am Ende den Nobelpreis f¨¹r ihre Idee): Man darf nicht vergessen, dass der mathematische Beweis f¨¹r eine solche Theorie nicht so schmackhaft ist, wie die Pizza selbst. ?Wir verwendeten eine besondere Art von Beweis, einen sogenannten Arbitragebeweis. Das war etwas ganz Neuartiges, das sich aber sehr einflussreich f¨¹r andere Arten von Problemen und Beweisen erwiesen hat.?
Warum verwenden die Marktteilnehmer aber dann so viel Zeit darauf, sich zu entscheiden, wie sie ihre Wertpapiere aufteilen sollen, wenn Miller und Modigliani bewiesen haben, dass das sinnlos ist?
?Nun, wir haben nicht gesagt, dass es keine Rolle spielt. Wir sagten, dass es unter diesen Bedingungen keine Rolle spielen w¨¹rde. Und das ist eine lange Liste. Die Marktteilnehmer haben diese Konditionen genau studiert. Und die Annahmen, die dem Modigliani-Miller-Theorem zugrunde liegen, wurden zum Organisationsprinzip f¨¹r die Forschung auf diesem Gebiet. Darum hatte es einen derart enormen Einfluss.?
Welche Auswirkungen hatte die US-Regierung auf die Finanzbranche?
Welche Auswirkungen hatte die US-Regierung auf die Finanzbranche?
Sie fragen sich vielleicht, warum es so viele neue Finanzprodukte am Markt gibt. Was ist der Grund f¨¹r so viel Innovation und die rasanten Ver?nderungen bei diesen Produkten? Eigenartigerweise schrieb Miller dies zum Teil der Regierung zu. ?Die meisten dieser fortschrittlichen Produkte wurden als Antwort auf schlechte Regulierungsmassnahmen der US-Regierung geschaffen. Zum Beispiel erschwerte sie es US-amerikanischen Unternehmen, Anleihen in Europa zu verkaufen. Dies hatte zur Folge, dass der Markt auf Offshore-Standorte auswich.?
Wie wird sich der Finanzmarkt ver?ndern?
Miller erkl?rte, dass die Menschen, immer wenn die Wirtschaft irgendwo versagt, dazu neigen, nach den ?belt?tern oder einer bestimmten Komponente zu suchen, die sie daf¨¹r verantwortlich machen k?nnen. Er warnte, dass die wirtschaftlichen Kr?fte breit gef?chert und nicht an bestimmte Personen gebunden sind. Er erinnerte uns, dass Institutionen viel mehr Macht haben als wir glauben und betonte, dass sich die Menschen an die Regierung wenden sollten, um Ver?nderungen zu fordern. Er charakterisierte seine Arbeit als unvoreingenommene Kritik an den Regierungen der Welt: ?Es spielt keine Rolle, ob die Demokraten oder die Republikaner in Washington am Ruder sind, ich w¨¹rde beide kritisieren.? Miller erwartete jedoch nicht, dass sich auf absehbare Zeit daran etwas ?ndern w¨¹rde.
?Die weltweiten Geldm?rkte sind mittlerweile sehr eng verflochten und dank Risikomanagementinstrumenten hat das Risiko internationaler W?hrungsschwankungen f¨¹r Fonds erheblich abgenommen?, erkl?rte er. ?Die Bankenbranche schrumpft. Ihre Rolle ver?ndert sich, aber die Entwicklung wird nur sehr langsam voranschreiten.?
In der Zukunft erkenne ich zwei Schwerpunkte eines enormen Wirtschaftswachstums ¨C nicht in Europa, sondern in China und Indien.
K?nnen die Steuerbeh?rden perfekt arbeiten?
Was ist die wahre Macht freier M?rkte?
Was ist die wahre Macht freier M?rkte?
?Einige Dinge im Leben?, sagt Miller, ?wie eine wirklich gute Wirtschaftspolitik, sind kontraintuitiv.? F¨¹r den Einzelnen, der sich ausserhalb des wirtschaftlichen Spektrums befindet, sind die Mechanismen eines freien Marktes schwer zu verstehen. ?Der Markt ist nicht wie die Quantenphysik. Er steht im Widerspruch zur gew?hnlichen Denkweise.?
Miller war ein Bef¨¹rworter des freien Marktes ¨C selbst angesichts von Rezessionen oder eines instabilen Umfelds. Und er wies gerne auf die Spannungen hin, die staatliche Interventionen hervorrufen k?nnen, zum Beispiel in der Geldpolitik.
Ich werde oft gefragt: Was ist die Ursache dieser j¨¹ngsten Rezession? Die Antwort lautet: Der letzte Boom. Und was war die Ursache des Booms? Nun, die vorhergehende Rezession. Die aktive Geldpolitik kann keine gute Erfolgsbilanz vorweisen. Sie f¨¹hrt zwangsl?ufig zu diesem ewigen Auf und Ab.
Im Hinblick auf die Umwelt war sich Miller sicher, dass es durch einen auf den freien Markt gest¨¹tzten Ansatz m?glich w?re, die gr?sste Verbesserung mit den geringsten Kollateralkosten zu erreichen.
Was haben die grossen Riesen in Bezug auf den freien Markt nicht verstanden?
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Was haben die grossen Riesen in Bezug auf den freien Markt nicht verstanden?
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Miller erinnert sich, dass es in seiner Studienzeit als wichtiger Teil des Fachgebiets Wirtschaftswissenschaften angesehen wurde, zu wissen, wie man Diagramme zeichnet. Daher wandte Miller grosse M¨¹he auf, um zeichnen zu lernen und wurde tats?chlich sehr gut darin. Abgesehen von der Wirtschaft und den freien K¨¹nsten entwickelte Miller auch eine Leidenschaft f¨¹r die Geschichte. Mit zahlreichen Anekdoten und Geschichten konnte er mit Leichtigkeit jede langweilige, trockene Wirtschaftstheorie in eine unterhaltsame historische R¨¹ckschau verwandeln.
Um die Effekte eines freien Marktes besser zu erkl?ren, zieht Miller die Geschichte von Michail Gorbatschow heran. ?Meiner Meinung nach tat er einige sehr wichtige Dinge, aber er machte zwei fatale Fehler?, berichtet er. ?Zum einen blieb er zu lang im Amt. Zum anderen dachte er, man k?nnte den Kommunismus schrittweise in eine freie Marktwirtschaft ¨¹berleiten. Er h?tte das kommunistische System in eine freie Marktwirtschaft verwandeln k?nnen. Das Problem war die schrittweise Vorgehensweise.? Miller f¨¹hrte dies weiter aus.
Wenn man eine Wirtschaft hat, die im Grunde genommen frei ist, gibt es darin m?glicherweise kleine Inseln des Sozialismus ¨C wie zum Beispiel das Bahn- und Postwesen in Deutschland. Anders herum funktioniert es jedoch nicht. Wenn man eine Wirtschaft hat, die im Wesentlichen sozialistisch ist und einigen Teilen davon erlaubt, nach den Regeln des freien Marktes zu wirtschaften, wird die ¨¹brige Struktur davon einfach untergraben.
Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?
Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?
H?ren Sie dazu die Meinung von Michael Spence und wie L?nder nachhaltiges Wachstum generieren und dabei langfristig einen positiven Effekt erzeugen k?nnen.
Wann wird es einen weiteren Crash geben?
Wann wird es einen weiteren Crash geben?
Millers Kollege und guter Freund Franco Modigliani sagte den Aktienmarktcrash im Jahr 1987 richtig vorher. Wenn Miller jedoch nach dem n?chsten Crash gefragt wurde, lachte er immer nur und sch¨¹ttelte den Kopf. ?Modigliani hat ihnen davon erz?hlt, wie er einmal Recht hatte. Hat er Ihnen auch erz?hlt, wie oft er sich geirrt hat??
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