Wenn wir an unsere Zukunft denken, wissen wir, dass es anders kommen kann, als wir es uns vielleicht vorstellen, egal wie gut wir planen. Wir wissen jedoch nicht, wie sehr Realit?t und Vorstellung auseinanderklaffen k?nnten. Das bringt ein ganz neues Mass an Unsicherheit mit sich ¨C etwas, das uns nicht nur ziemliches Unwohlsein bereitet, sondern das noch dazu schwierig zu greifen und mathematisch darzustellen ist.

Obgleich wir einfach nicht wissen k?nnen, was wir nicht wissen, ist der ?konom Lars Peter Hansen nicht vor dieser Frage zur¨¹ckgeschreckt und hat versucht, die darin mitschwingende Unklarheit zu entschl¨¹sseln. Er akzeptierte die in allen Bereichen des Lebens vorherrschende Ungewissheit vor allem in Bezug auf wirtschaftliche Aktivit?ten, und r¨¹ckte dieses unglaublich komplexe und schwierige Thema ins Zentrum der ?konomischen Modellierung.

Lars Peter Hansen

Lars Peter Hansen

Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, 2013

Auf einen Blick

Geboren: 1952, Urbana, Illinois, USA

Fachgebiet: ?konometrie, Finanz?konomie, Makro?konomie

Ausgezeichnetes Werk: Die empirische Analyse von Kapitalmarktpreisen

Lehrstil aufgepeppt mit: Trockenem Humor

Alternative Laufbahn: Wollte eigentlich Rockstar werden

Eine neue Art der Wirtschaftsforschung

Wie findet man heraus, ob die Wirtschaft im Laufe der Zeit reibungslos laufen wird?

Die Unsicherheit ist nur eines von vielen Themengebieten der Wirtschaftswissenschaften, in denen Hansens Beitr?ge erhebliche Wellen geschlagen haben. Es erm?glichte ihm den Austausch mit allen Arten von ?konomen, aus den Bereichen Finanz- und Arbeits?konomie ¨¹ber ?konometriker bis hin zu Makro?konomen. Er redete nicht nur, sondern h?rte diesen Leuten auch wirklich zu ¨C eine Eigenschaft, die viele seiner Kollegen bewundernswert finden. Hansen schaut auf ?konomische Probleme mit seiner ganz eigenen Art und Weise, was ihn ein ?konometrisches Modell entwickeln liess, das als Verallgemeinerte Momentenmethode (GMM) bezeichnet wird. GMM verhalf der Wirtschafsforschung zu einem immensen Schritt nach vorn. Die Methode versetzte die ?konomen in die Lage, einen einzelnen Aspekt eines komplexen Modells zu untersuchen, ohne dazu jeden einzelnen Bestandteil angeben zu m¨¹ssen. Wenngleich es in dem Beispiel, mit dem Hansen sich besch?ftigte, um spezifische Merkmale von Kapitalmarktpreisen an den Finanzm?rkten ging, wird das Modell seither ¨¹ber die verschiedenen Disziplinen der Wirtschaftswissenschaften hinweg angewandt. Es brachte ihm 2013 den Nobelpreis ein.

Unsicherheit: ignorieren oder akzeptieren?

Der franz?sische Philosoph Voltaire sagte einmal in etwa: ?Zweifel sind unangenehm, aber Gewissheit ist absurd.? Dieses Zitat ist f¨¹r Hansen von grosser Bedeutung und er verwendet es oft, um die Einstellung der breiten ?ffentlichkeit zur Ungewissheit zu veranschaulichen.

Viele Menschen empfinden Unsicherheit als genauso unangenehm, wie es sich anf¨¹hlt, Zweifel zu haben. Wie etwas, das man am liebsten vermeiden m?chte. Aber die Unsicherheit ist nun mal da, und so zu tun, als w?re dem nicht so, ist noch schlimmer.

Laut Hansen m¨¹ssen die Menschen davon ¨¹berzeugt werden, dass es vern¨¹nftige Wege gibt, trotz der verschiedenen Arten von Unsicherheit, mit denen man konfrontiert ist, ¨¹ber Entscheidungen nachzudenken, und dass man nicht aufgeben sollte, auch wenn es noch so kompliziert ist.

Warum gibt es in Bezug auf finanzielle Entscheidungen keine Sicherheit?

Die Ungewissheit, woher eine Ver?nderung kommt, bedeutet mathematisch ausgedr¨¹ckt, dass wir einem Ereignis keine angemessene Eintrittswahrscheinlichkeit zuweisen k?nnen. Das Problem versch?rft sich in verschiedenen Szenarien, beispielsweise wenn man versucht, die Zukunft zu planen, eine Strategie zu entwickeln oder Entscheidungen ¨¹ber Finanzanlagen zu treffen. Hansen hat ein H?ndchen daf¨¹r, das Vage der Unsicherheit mit der Stringenz der Mathematik zu erfassen. Diese Art zu denken, tr?gt zusammen mit der Zielstrebigkeit und Intensit?t, f¨¹r die die wirtschaftswissenschaftliche Fakult?t der University of Chicago bekannt ist, zu seinem Erfolg bei der Modellierung von Unsicherheit bei.

Ideen, die zun?chst etwas verr¨¹ckt erscheinen

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?W?rter wie Unklarheit und Unsicherheit klingen ausgesprochen, als w?ren sie ?usserst ungenau definiert?, sagt sein ehemaliger Student Jaroslav Borovicka. ?So wie Lars dar¨¹ber denkt, m¨¹ssen diese Begriffe klar definiert werden. Man steht vor dem Problem, die unbestimmte Vorstellung von Ungenauigkeit und Unklarheit in die Mathematik zu ¨¹bertragen, damit wir Modelle erstellen k?nnen, die uns tats?chlich etwas ¨¹ber die reale Welt erz?hlen.?

Modellierung f¨¹r die breite ?ffentlichkeit

An einem ungew?hnlich warmen Oktobertag in Chicago lauschen wir den Worten Hansens, wie er ¨¹ber seine Arbeit reflektiert, und fragen uns, wie hoch er die Wahrscheinlichkeit f¨¹r eine st?rkere Verbindung zwischen Modellen und Politik einsch?tzt. ?Wirtschaftswissenschaftler sind gut darin, unterschiedliche Modelle der Zukunft zu entwickeln?, sagt er. ?Wir gehen davon aus, dass keines davon vollkommen richtig liegt, aber wir wissen nicht genau, wo sie falsch liegen. Das ist die Art von Unsicherheit, ¨¹ber die wir wirklich nachdenken m¨¹ssen.?

?Wir m¨¹ssen diesen Begriff ¨C Unsicherheit ¨C, der so viele unterschiedliche Bedeutungen hat, nehmen und versuchen, die Konsequenzen oder Implikationen seiner Formalisierung auf unterschiedliche Weise zu betrachten. Warum ist das f¨¹r die Wirtschaft von Belang? Wie beeinflusst das die Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik? Solange ich eine Sache nicht etwas st?rker formalisiere, werde ich nicht in der Lage sein, sie zu analysieren. Ich sehe das als eine Herausforderung.?

?konometrie zur Vorhersage der Auswirkungen politischer Massnahmen

Hansen nimmt die Aufgabe an, die Ungewissheit auf m?glichst realistische Weise in den Modellen abzubilden, was ihn an die Spitze der Forschung in diesem Bereich bringt. Es ist seine spezielle F?higkeit, den Zweifel in einem unsicheren Modell zu ber¨¹cksichtigen, die seine Arbeit ¨¹ber die akademische Welt hinaus interessant macht.

Sein fr¨¹herer Student und Co-Autor Evan Anderson wirft Licht auf die Komplexit?t, sowohl ausserhalb als auch innerhalb eines Modells Unsicherheiten zu haben. ?Lars m?chte, dass die Wirtschaftswissenschaften einen echten Mehrwert bringen?, so Anderson. ?Ihm ist bewusst, dass ?konomische Modelle die Daten nicht immer so erkl?ren, wie wir hoffen. Er denkt, jeder Einzelne sollte bei Entscheidungen wirtschaftliche Modelle ber¨¹cksichtigen in dem Bewusstsein, dass diese nicht perfekt sind. Lars ist der Ansicht, dass das nicht nur in der Wirtschaft der Fall sein sollte. Er will das Ganze auch in seine Modelle integrieren, so dass seine Wirtschaftsmodelle Menschen ber¨¹cksichtigen, die in der Wirtschaft aktiv sind und diese Modelle anzweifeln.?

Weniger Unsicherheit durch mehr Bildung

Wie gehen wir mit dem Wissen um, dass es sowohl im Hinblick auf die Zukunft als auch die Modelle Zweifel gibt? Hansens Sicht der Dinge ist Beleg daf¨¹r, dass er ein Lehrer ist und aus einer Lehrerfamilie kommt. Das sind Menschen, denen der Erwerb von Wissen ¨¹ber alles geht. ?Politiker wenden sich f¨¹r gew?hnlich an Berater, die sehr ¨¹berzeugend auftreten?, sagt er. ?Aber diese grosse ?berzeugung ist nicht gerechtfertigt, sie f¨¹hrt nicht immer zu den vern¨¹nftigsten politischen Entscheidungen. Ich kann mich hinsetzen und der Politik die Schuld geben. Doch vieles h?ngt auch damit zusammen, dass es die ?ffentlichkeit zum Thema Unsicherheit aufzukl?ren gilt, sowie damit, wie man dem gegen¨¹bersteht beziehungsweise sich damit auf sinnvolle Art und Weise auseinandersetzt.?

Trotz eines vollen Terminkalenders nutzt der Nobelpreistr?ger jede Gelegenheit, ?ffentlich zu sprechen. Das Bemerkenswerteste dabei ist, dass er sogar in die Schulen geht und mit Viert- und F¨¹nftkl?sslern ¨¹ber das Thema Unsicherheit spricht. Er erkl?rt komplexe Konzepte auf spielerische Weise, so dass die Kinder mit Spass und ohne eingesch¨¹chtert zu sein etwas ¨¹ber Wahrscheinlichkeiten lernen.

Wie k?nnen ?konometrische Modelle zum Klimaschutz beitragen?

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Vielf?ltige Kompetenzen f¨¹r den Umgang mit den Herausforderungen einer Welt im Wandel

Die Wissensvermittlung zum Thema Zweifel und die Vorbereitung auf eine ungewisse Zukunft sind auch Wege, um mit Ungewissheit zurechtzukommen. Das ist der Rat, den Hansen zum Abschluss unseres Gespr?chs jungen Menschen mit auf den Weg gibt.

?In der Schule erlernt man eine ganze Menge F?higkeiten. Man f?ngt an, sich f¨¹r Mathematik, die Wissenschaften und die Literatur zu interessieren?, sagt er. ?Das gibt einem die Flexibilit?t, in der Zukunft eine Vielzahl von Dingen zu tun. Selbst zu Beginn meiner College-Zeit wusste ich nicht wirklich, was ich sp?ter machen wollte. Aber allein die Tatsache, dass ich diverse Kenntnisse und F?higkeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen erworben hatte, bot mir die M?glichkeit, verschiedenen T?tigkeiten nachzugehen.?

Berufliche Anforderungen ver?ndern sich mit der Zeit, aber je umfangreicher die eigenen F?higkeiten sind, desto besser ist man gewappnet, mit diesen Ver?nderungen umzugehen und in einem solchen Umfeld erfolgreich zu sein.

Gibt es irgendetwas, das im Hinblick auf die Zukunft gewiss ist?

Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?

H?ren Sie dazu die Meinung von Michael Spence und wie L?nder nachhaltiges Wachstum generieren und dabei langfristig einen positiven Effekt erzeugen k?nnen.

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