Edmund Phelps hat seine eigenen Standpunkte und scheut sich nicht davor, diese zu vertreten. In den 1960er Jahren war er als junger Wirtschaftswissenschaftler mehr an aufregenden Erkenntnissen interessiert als an Auszeichnungen. Er verliess seine Position bei der RAND Corporation, um Pionierarbeit im Feld der modernen Wirtschaftswissenschaften zu leisten. Phelps stellte die g?ngigen Theorien ¨¹ber den Zielkonflikt zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit in Frage und arbeitete an der ?Goldenen Regel? der Kapitalakkumulation. Heute sprechen wir mit ihm dar¨¹ber, wie wirtschaftliche Stagnation aufgehalten werden kann und warum es wichtig ist, jedem die M?glichkeit zu geben, sich zu entfalten.

Edmund S. Phelps
Edmund S. Phelps
Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften 2006
Auf einen Blick
Auf einen Blick
Geboren: 1933, Evanston, Illinois, USA
Fachgebiet: Makro?konomie
Ausgezeichnetes Werk: Analyse intertemporaler Zielkonflikte in makro?konomischer Politik
Buchempfehlungen: David Copperfield von Charles Dickens, Wuthering Heights von Emily Bront? und Der Zauberberg von Thomas Mann
Was er braucht, um gl¨¹cklich zu sein: Seine Frau Viviana, die n?chste Reise geplant zu haben, Musik
Was er nicht zum Leben braucht: Ein Auto, ein Landhaus
Besondere Talente: Singt Old Man River f¨¹r Dinnerg?ste (und Filmcrews)
Ein echter New Yorker
Ein echter New Yorker
Wenn man Phelps zum ersten Mal trifft und nicht weiss, wer er ist, w¨¹rde man wahrscheinlich eher denken, er sei Englischlehrer, Musiker oder Literaturkritiker. Er hat alles gelesen, was man gelesen haben muss, und zitiert die grossen Philosophen. Edmund Phelps ist also in der Tat ein Liebhaber der Geisteswissenschaften. Er ist aber auch Makro?konom und Professor an der Columbia University.
Mit einem festen H?ndedruck und einem einladenden L?cheln erz?hlt er davon, wie sehr er New York liebt. Das Theater, die Museen und die Oper. Dem Kosmopoliten gefallen die Dinnerparties, die lebhaften Gespr?che und die Diversit?t seiner Wahlheimat. Wie passt das zur ernsten Welt der ?konomie?
Warum Wirtschaftswissenschaften?
Warum Wirtschaftswissenschaften?
Wenn seine Eltern nicht gewesen w?ren, w?re Phelps vielleicht Philosophielehrer geworden. Als Student studierte er Geisteswissenschaften, doch sein Vater bat ihn, ihm zuliebe wenigstens einen Wirtschaftskurs zu belegen. ?Was konnte ich machen? Nat¨¹rlich tat ich das?, sagt Phelps. Diese Wahl hat er nicht bereut und bekam lauter Einsen in dem Fach.
Man schafft es fast gar nicht, alles zu benennen, woran er in seinem Leben gearbeitet hat, von Besch?ftigungstheorie ¨¹ber Geldtheorie, Inflationsdynamik und Wachstumstheorie bis hin zu ?ffentlichen Finanzen; dies ist wohl auch der Grund, warum er als Pionier der modernen Wirtschaftswissenschaften bezeichnet wird.
Wie funktionieren die M?rkte wirklich?
Wie funktionieren die M?rkte wirklich?
Seine bekannteste Arbeit vertiefte ¨C wie es das Nobelkomitee beschrieb ¨C das Verst?ndnis der Wirtschaftswissenschaften f¨¹r die Zusammenh?nge zwischen kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen der Wirtschaftspolitik.
?Im Bereich der Besch?ftigungs?konomie war die vorherrschende Meinung, dass Geh?lter sehr starr sind und dass das einfach so sein m¨¹sse?, sagt er. Damit wollte sich der junge Mann mit der aufgeschlossenen Geisteshaltung und dem Wunsch, etwas Neues zu entdecken, jedoch nicht zufriedengeben. Also begann er mit seinen Forschungen hinsichtlich der Verbindung zwischen Besch?ftigung, der Festlegung von L?hnen und der Inflation.
Phelps realisierte, dass die Wirtschaftsmodelle die Tatsache unber¨¹cksichtigt liessen, dass Menschen Entscheidungen treffen, ohne ¨¹ber all die Informationen oder das Wissen zu verf¨¹gen, die sie daf¨¹r ben?tigen. Diese bedeutende Erkenntnis beleuchtete die Funktionsweise der M?rkte und trug zu einem neuen Ansatz in Bezug auf Besch?ftigung und L?hne bei.
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Die Menschen in der Wirtschaft sehen:Das Nobelwerk
Das menschliche Antlitz der ?konomie
Das menschliche Antlitz der ?konomie
Phelps erinnert sich an die K?mpfe, die er in den fr¨¹hen Jahren seiner akademischen Karriere ausfechten musste. Mit seiner wissenschaftlichen Arbeit forderte er die in den 1960er Jahren vorherrschenden Ansichten heraus. Dies brachte ihm einiges an Kritik ein von denjenigen Fachkollegen, die keine lebensechten Akteure in ihren Wirtschaftsmodellen w¨¹nschten. Dieser ?konomische Ansatz, den Phelps f¨¹r realistischer hielt, wurde von anderen abgelehnt. Er gibt zu, dass das damals keine Freude war, aber er blieb einfach stur.
Wie k?nnen wir den Innovationsgeist der Menschen wieder aufleben lassen?
Wie k?nnen wir den Innovationsgeist der Menschen wieder aufleben lassen?
Die Bedeutung der Arbeit von Phelps liegt auf der Hand, ob es sich nun um seine Ideen zur Besch?ftigungstheorie handelt oder die Goldene Regel der Kapitalanh?ufung, die er aus der Wachstumstheorieforschung von Robert Solow ableitete. Aber was er besonders gerne diskutiert, sind die Dinge, die ihn heute besch?ftigen. Was macht Staaten erfolgreich? Warum nimmt die Innovationsfreude in den meisten westlichen L?ndern ab? Und wie k?nnen wir das, was Phelps ?Innovationsgeist? nennt, wiederbeleben?
Wesentlicher Bestandteil eines innovativen Landes
Wenn Phelps dar¨¹ber spricht, dass es den L?ndern an Innovationskraft fehlt, liegt der Einwand nahe, dass wir doch in einer Gesellschaft leben, in der Menschen t?glich Neues erschaffen. ?Das Silicon Valley stellt aber nur einen kleinen Teil der Gesamtwirtschaft dar?, sagt er. ?Die Innovationskraft im Inneren des Landes ist versiegt.?
Warum das Silicon Valley nicht die L?sung f¨¹r wirtschaftliche Stagnation bietet
Die Bedeutung sinnvoller Arbeit
Die Bedeutung sinnvoller Arbeit
?Es muss sehr hart sein, wenn man wenig verdient, w?hrend alle anderen um einen herum in Geld schwimmen?, sagt Phelps. Er stellt klar, dass es ihm hier nicht nur um materielle G¨¹ter geht. ?Die Regierung gibt viel Geld aus f¨¹r Lebensmittelmarken und Sozialwohnungen?, erkl?rt er. ?Das ersetzt aber eines nicht, n?mlich ein Leben zu haben.? Was fehlt dazu? Phelps kann dies in zwei Worten zusammenfassen: sinnvolle Arbeit. Er beschreibt, wie all das Geld, das f¨¹r Wohlfahrtsprogramme ausgegeben wird, nichts dazu beitr?gt, dem Berufsleben derer, die zwar arbeiten, aber trotzdem arm sind, mehr Sinn zu geben und es befriedigender zu machen.
Damit eine Arbeit sinnvoll ist, muss sie die Aufmerksamkeit und den Verstand der Menschen ausreichend ansprechen, damit diese genug Verantwortung empfinden, um einen ganzen Tag mit dieser T?tigkeit zu verbringen.
Was macht Staaten erfolgreich?
Was macht Staaten erfolgreich?
Das Buch von Edmund Phelps: ?Mass Flourishing: How Grassroots Innovation Created Jobs, Challenge, and Change? kann als eine Art Manifest betrachtet werden. Darin nimmt er seine Leser mit auf eine Reise vom fr¨¹hen 19. Jahrhundert, als der Wohlstand in vielen L?ndern explodierte, bis zu den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, in denen Europa und die USA ihre fr¨¹here Dynamik verloren.
Ein wesentlicher Bestandteil seines Buches ist es, die Verbindung zwischen dem R¨¹ckgang der Innovation und dem R¨¹ckgang der Arbeitsfreude aufzuzeigen, dem Verlust ?guter Arbeitspl?tze?, die Gelegenheit boten, Neues zu erdenken und zu schaffen.
Phelps erkl?rt uns, dass jedes Land seine Wirtschaft als ?riesiges Imaginarium? bilden sollte. Um das zu erm?glichen, sind viele Zutaten notwendig und er gibt zu, dass er noch nicht das perfekte Rezept gefunden hat. Dabei diskutiert er weiter die Frage, wie wirtschaftliche Stagnation beendet werden k?nnte. Seine Gedanken werden von dem geleitet, was er aus seinem Philosophiestudium mitgebracht hat.
?David Hume sagte, dass es keinen Fortschritt in der Welt geben w¨¹rde, wenn die menschliche Kreativit?t nicht w?re?, so Phelps.
Diesen Gedanken habe ich immer in meinem Kopf behalten. Menschen lernen nicht nur und stolpern ¨¹ber Dinge, sie stellen sich auch M?glichkeiten vor.

Wie schaffen wir eine dynamischere Wirtschaft?
Wie schaffen wir eine dynamischere Wirtschaft?
Zu seinen engen Freunden geh?rt der Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreistr?ger Joseph Stiglitz. Beide geh?ren zum Center on Capitalism and Society, das im Jahr 2002 von Phelps gegr¨¹ndet wurde, um neue Forschungsarbeiten zu den Themen wirtschaftliche Instabilit?t, Inklusion und Wachstum anzustossen.
Stiglitz betont, wie einig sich die beiden Wissenschaftler sind, wenn es um?das Abnehmenden R¨¹ckgang der Dynamik geht. ?In der ?konomischen Betrachtung sollte man sich darauf konzentrieren, was zu einer dynamischen Wirtschaft und Gesellschaft f¨¹hrt und nicht nur darauf, was eine Erh?hung der statischen Effizienz bewirkt?, sagt Stiglitz. ?Und genau darauf konzentriert Ned sich in seiner Arbeit.?
Eine dynamischere Wirtschaft bedeutet f¨¹r Phelps, dass man die sogenannten ?Corporatist Maladies?, also die typischen Probleme des Korporatismus verhindert.
Wie kann sich ein Innovator in einer Branche mit neuen und besseren Produkten etablieren, wenn jeder Job gesch¨¹tzt ist?
Um dorthin zur¨¹ckzufinden, m¨¹ssen wir nach Meinung von Phelps Eintrittsm?glichkeiten in etablierte Branchen schaffen und zu viel Protektionismus vermeiden. Zu seinen Lieblingsbeispielen in diesem Zusammenhang geh?rt Europa. ?Die europ?ische Kultur ist sehr korporatistisch, es gibt fast nichts, was nicht gesch¨¹tzt ist?, sagt er.
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Wie der Schutz von Arbeitspl?tzen die Innovation bremst
Warum steckt Europa in solchen Schwierigkeiten?
Warum steckt Europa in solchen Schwierigkeiten?
?Wenn ich in Bezug auf Amerika pessimistisch werde, denke ich einfach an Europa und dann f¨¹hle ich mich gleich besser, wenn ich mein Land betrachte?, gibt Phelps zu. Er macht sich Sorgen ¨¹ber Europa und dessen Zukunft. Die L?nder im s¨¹dlichen Europa k?mpfen schon seit Jahren, Grossbritannien verl?sst die EU, populistische Stimmen werden jeden Tag lauter und es gibt kein Wachstum bei der Produktivit?t.
Warum die europ?ische Krise gef?hrlicher ist, als die Leute denken
Beim Bankett anl?sslich der Nobelpreisverleihung in Stockholm im Jahr 2006 erz?hlte Phelps dem Publikum, dass er nicht arbeite, um Geld zu verdienen oder Auszeichnungen zu bekommen, sondern aus purer Begeisterung.
?Womit ich mich jetzt besch?ftige, ist nicht unbedingt ein freudiges Thema. Ich versuche mir vorzustellen, wie es ist, zu den erwerbst?tigen Armen zu geh?ren, denke dar¨¹ber nach, was sie im Leben erreichen m?chten und welche ihrer Bed¨¹rfnisse befriedigt werden?, sagt er.
Sind staatliche Beihilfen f¨¹r Geringverdiener der richtige Weg?
Sind staatliche Beihilfen f¨¹r Geringverdiener der richtige Weg?
Sein Forschungsschwerpunkt hat dazu gef¨¹hrt, dass sich Phelps vehement f¨¹r staatliche Beihilfen f¨¹r Niedriglohnjobs einsetzt, da die Unternehmen seiner Meinung nach dann mehr Menschen zu geringen L?hnen besch?ftigen und ihnen mehr zahlen w¨¹rden. Er sieht es als seine Aufgabe, sich f¨¹r diejenigen einzusetzen, die am unteren Ende der Gesellschaft stehen. Welchem politischen Lager er nun eigentlich zuzuordnen ist, ist schwer zu sagen, wahrscheinlich w¨¹rde er sich auch nur ungern einordnen lassen.
Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?
Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?
H?ren Sie dazu die Meinung von Michael Spence und wie L?nder nachhaltiges Wachstum generieren und dabei langfristig einen positiven Effekt erzeugen k?nnen.