Der ?konom Paul Romer hat bereits viele Titel getragen, vom Professor ¨¹ber den Chefvolkswirt der Weltbank bis zum Technologieunternehmer. Allein durch seine Arbeit hat er ¨¹ber die Jahre die Art und Weise, wie die Menschen ¨¹ber Konzepte im Zusammenhang mit Ideen, Bildung und St?dten denken, ver?ndert.

Paul M. Romer

Paul M. Romer

Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, 2018

Auf einen Blick

Geboren: 1955, Denver, USA

Fachgebiet: Wirtschaftswachstum

Ausgezeichnetes Werk: Integration technologischer Innovationen in langfristige makro?konomische Analysen

Kein ganz typisches Sabbatical: Nahm sich eine Auszeit von der akademischen Welt, um das ?usserst erfolgreiche Startup-Unternehmen Aplia, zu gr¨¹nden, das von vielen als Pionier im Bereich der digitalen Bildung angesehen wird

Liebste Programmiersprache: Python

Vererbtes Politikinteresse: Sein Vater und sein Bruder studierten Politikwissenschaften, w?hrend er sich f¨¹r ein Studium der Physik, Mathematik und sogar Kosmologie entschied

Ideen einen Wert geben

Romer begann bereits w?hrend seines Studiums damit, den damaligen Stand der Wirtschaftswissenschaften in Frage zu stellen, indem er bestimmte, lange bestehende Theorien umformulierte und in Fragen verwandelte.

?Eine der ?ltesten Fragen der Wirtschaftswissenschaft befasst sich damit, welche Aufgaben dem Staat zukommen?, sagt Romer. ?Und welche Verantwortung wir dem Einzelnen ¨¹bertragen k?nnen, damit er unabh?ngig von anderen in den Wettbewerb eintreten, experimentieren und Innovationen entwickeln kann. Hier geht es also quasi um die Regierung gegen den Markt.?

Zur damaligen Zeit neigten die Wirtschaftswissenschaftler dazu, Ideen zu bewerten, besonders in Bezug auf den Fortschritt, den sie bringen. Man ging davon aus, dass Ideen ausserhalb des Marktes generiert werden. Romer stellte dies in Frage, indem er anf¨¹hrte, dass viele Ideen erst auf dem Markt verfeinert und mit anderen Ideen kombiniert werden und damit als ein Gut gelten sollten, das der Markt produziert und vertreibt. Dies war die Grundlage seiner endogenen Wachstumstheorie, die nicht nur seine eigene berufliche Laufbahn pr?gte, sondern in seinem gesamten Fachgebiet Wellen schlug.

In einer seiner bis heute ber¨¹hmtesten Ver?ffentlichungen stellte Romer mit seinem ideenbasierten Wachstumsmodell diesen Gedanken in den Mittelpunkt. Er formulierte den Unterschied zwischen Ideen und Objekten sowie eine Definition von Regeln und Normen. Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer Idee und einem Objekt, so Romer.

?So etwas wie den Satz des Pythagoras kann jeder gleichzeitig verwenden?, sagt er. ?Ein Kilo Kupfer kann aber zu einem bestimmten Zeitpunkt nur von einer Person beziehungsweise einem Unternehmen verwendet werden. Um diese M?glichkeit der gleichzeitigen Nutzung geht es mir.?

W?hrend Romer sich zun?chst in seiner Arbeit auf das Konzept der Ideen konzentrierte, wurde sp?ter die Betrachtung von Regeln und Normen genauso interessant f¨¹r ihn. Ohne die Kombination aller drei Dimensionen w?re der Fortschritt, den wir heute sehen, Romers Meinung nach nicht m?glich gewesen.

?Regeln und Normen spiegeln wider, was in den K?pfen der Leute vor sich geht?, sagt er. ?Normen beziehen sich darauf, was Menschen f¨¹hlen. Regeln liegen n?her an Dingen wie Gesetzen. Es werden zum Beispiel Gesetze verabschiedet, die die Normen in Bezug darauf, was richtig oder falsch ist, dahingehend ?ndern, dass es f¨¹r alle von Vorteil ist.?

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Innovation und Wachstum

Eine andere Welt aufbauen

Der Gedanke, dass Ideen zur Entdeckung weiterer Ideen f¨¹hren, und die M?glichkeit, dieses Wissen mit allen anderen zu teilen, brachte Romer auf einen neuen Weg: Urbanisierung.

?Ich begann, mich im Rahmen meiner praktischen Arbeit mit den Prozessen der Urbanisierung auseinanderzusetzen. Begr¨¹ndet war dies auf der Einsicht, dass diese Dualit?t zwischen neuen Technologien und neuen Normen von wesentlicher Bedeutung f¨¹r den Fortschritt ist?, sagt er.

Dabei untersuchte er zun?chst die Normen der Vergangenheit und insbesondere die F?lle, in denen eine Teilgruppe der Gesellschaft, die sich durch andere Normen abhebt, ausbricht und eine neue Kultur begr¨¹ndet, anstatt in der Minderheit zu bleiben. Romer nennt dies einen ?Startup.?

?Meine Botschaft war, dass diejenigen, die die Chancen der modernen Welt wirklich ergreifen wollen und bereits ¨¹ber Werte verf¨¹gen, die in diese Richtung gehen, einfach zu einem Startup gehen sollten?, sagt er. ?So kann man neue Wege aufzeigen, die dann auch von anderen beschritten werden, die auch in der neuen Stadt wohnen wollen. Das ist ein Prozess, mit dem man die gesamten Normen einer Gesellschaft ver?ndern kann.?

Romer suchte nach einer Universit?t, die ein neues Center gr¨¹nden w¨¹rde, das sich auf die Urbanisierung spezialisiert, und zwar nicht aus der Perspektive der Architektur und des Designs, sondern eher aus der Perspektive der Sozialwissenschaften und der Geschichte im Wandel. Diesen Ort fand er am Marron Institute of Urban Management an der New York University.

?Welche Stadt erm?glicht es uns, die richtige Person mit den richtigen Ideen zu finden,? sagt er. ?Nur durch die Interaktion mit anderen werden wir schlauer. Wenn ich eine Frage zu den Themen Polizeiarbeit, Impfungen oder Gesundheitswesen habe, kann ich zu einer Person gehen, die sich in dem relevanten Fachgebiet besonders gut auskennt und mit dieser Person dar¨¹ber sprechen. Damit das m?glich ist, muss ich aber wissen, wer diese Person ist. Diese logistischen und organisatorischen Einzelheiten m¨¹ssen also definiert sein, um die Kr?fte freizusetzen, mit denen man St?dte dabei unterst¨¹tzen kann, die kollektive Intelligenz zu steigern.?

Auch wenn der Begriff der intelligenten St?dte oder ?Smart Cities? zum Trend und Buzzword geworden ist, findet Romer, dass der Schwerpunkt hier falsch gesetzt wurde.

?Denken wir mal daran zur¨¹ck, was das Internet so gut gemacht hat. Das war n?mlich die Tatsache, dass es eine unintelligente Plattform ist. Deshalb sollten wir meiner Meinung nach mehr ¨¹ber unintelligente Plattformen nachdenken als ¨¹ber intelligente St?dte?, sagt Romer. ?Das Gittersystem der Strassen in Manhattan ist eine unintelligente Plattform. Es wurde keine Intelligenz mit eingebaut. Es gibt keine besondere Technologie. Aber wenn man eine gute Plattform hat, auf die sich jeder verlassen kann, kann man alles andere darauf aufbauen.?

Der gr?sste Fehler bei Urbanisierungsprozessen ist laut Romer, dass oft nicht genug Platz f¨¹r ?ffentliche R?ume gelassen wird. Diese Oberfl?chenstruktur, die wie ein Gitter angeordnet ist, f¨¹hrt dazu, dass Menschen miteinander in Verbindung treten.

Meiner Meinung nach sollten wir mehr ¨¹ber unintelligente Plattformen nachdenken als ¨¹ber intelligente St?dte.

Planung neuer St?dte von Grund auf

Globale Erw?rmung neu denken

Romer erhielt den Wirtschaftsnobelpreis im Jahr 2018 gemeinsam mit William Nordhaus. Viele, und dazu z?hlt auch Romer, fanden diese Zusammenstellung bedeutsam.

?Als ich den Anruf aus Schweden erhielt, freute ich mich besonders dar¨¹ber, dass ich den Preis gemeinsam mit Bill Nordhaus erhielt?, sagt Romer. ?Ich respektiere Bill sehr und k?nnte mir keinen besseren Kollegen vorstellen, mit dem ich gerne gemeinsam genannt w¨¹rde. Zudem steckt in dieser Zusammenstellung auch eine Botschaft. N?mlich zum einen, dass Kohlendioxidemissionen und die Erderw?rmung ein sehr ernsthaftes Problem darstellen und zweitens, dass wir es nur ¨¹ber das Potenzial f¨¹r die Entwicklung neuer Ideen l?sen k?nnen.?

In Bezug auf die Bek?mpfung der globalen Erw?rmung ist Romer optimistischer als die meisten. Seiner Meinung nach stand einer erfolgreichen L?sung bisher nur im Wege, dass nicht genug getan wurde und es nicht genug Anreize gab. Wenn die richtigen Anreize geschaffen werden, wird der Markt seiner Meinung nach v?llig neue Wege der Energieerzeugung und -verteilung finden.

Wie bei den meisten seiner Arbeiten f¨¹hrt Romer ein konkretes Beispiel an, welches er als Beweis daf¨¹r sieht, dass eine derartige Entwicklung greifbar ist. Er vergleicht die Situation mit dem FCKW-Verbot in den USA in den 1980er Jahren.

Fluorchlorkohlenwasserstoffe sind Chemikalien, die Kohlenstoff-, Chlor- und Fluoratome enthalten und im Wesentlichen bei der Herstellung von Aerosolsprays und Verpackungsmaterialien verwendet wurden. Auch wenn sie im Prinzip nicht giftig sind, haben FCKW zum Abbau der Ozonschicht beigetragen. Die USA setzten sich f¨¹r ein Verbot der Produktion von FCKW ein und verhandelten zudem die entsprechenden Abkommen auf der ganzen Welt.

?Bevor das Verbot in Kraft trat, beklagten die Industrief¨¹hrer, die diese ganzen Chemikalien produzierten, dass die Wirtschaft nicht ¨¹berleben w¨¹rde und unsere gesamte Lebensqualit?t bedroht w?re. Das war alles Bl?dsinn?, stellt Romer fest. ?Keiner hat die minimalen Ver?nderungen, die gemacht werden mussten, um Alternativen zu FCKW zu nutzen, auch nur bemerkt. Hier haben wir ein sehr erfolgreiches Beispiel daf¨¹r, wie eine starke Regierung ein Problem so l?sen kann, dass allen geholfen ist.?

Romer gibt zwar zu, dass man momentan recht leicht in Pessimismus verf?llt, aber er sieht auch die M?glichkeiten in Bezug auf die Produktion und h?lt die technologisch-physikalischen M?glichkeiten f¨¹r enorm.

?Der Grund, warum wir momentan Probleme haben, ist, dass wir diese Chancen nicht ergreifen?, sagt er. ?Es reicht nicht aus, dass alle allein nach Geld streben. Wir ben?tigen eine Wirtschaftsstruktur, die Unternehmer dazu ermutigt, ihr Geld auf eine Weise zu verdienen, die nicht die Umwelt sch?digt.?

Wo sich Wissen und die Natur verbinden

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Die globale Erw?rmung ist ein sehr ernstes Problem, das wir nur ¨¹ber die Entwicklung neuer Ideen l?sen k?nnen.

R¨¹ckblick auf alte Werke

Wenn Romer auf seine akademische Karriere als Wirtschaftswissenschaftler zur¨¹ckblickt, erf¨¹llt ihn vor allem seine F?higkeit, aus Fehlern zu lernen, mit Stolz.

?Ich hatte ein Modell der Ideen und des Wachstums entwickelt, das sozusagen die erste Generation war?, f¨¹hrt Romer aus. ?Dann stellte ich fest, dass es falsch war. Meiner Meinung nach gibt es kein besseres Zeichen daf¨¹r, wie die Wissenschaft wirklich funktionieren sollte, als die Bereitschaft, dass man als Wissenschaftler zugibt, dass der gew?hlte Weg vielleicht ein guter Versuch, aber letztendlich falsch war. Und daf¨¹r, dass ich das konnte, w¨¹rde ich gerne in Erinnerung bleiben.?

Nach den ganzen Jahren in den Wirtschaftswissenschaften und einer abwechslungsreichen Berufslaufbahn sieht Romer in seinem leidenschaftlich verfolgten Fach noch immer viel Raum f¨¹r Wachstum. Die Wirtschaftswissenschaften sollten seiner Meinung nach noch st?rker als kollektives Unterfangen betrachtet werden.

?Fakten z?hlen immer mehr als die reine Theorie und Theorien m¨¹ssen auch logisch koh?rent sein?, sagt er. ?Wenn wir uns diesen Grunds?tzen verpflichten, werden wir auch Fortschritte erreichen. Mittlerweile interessiere ich mich mehr f¨¹r das Erkl?ren und Ermutigen und daf¨¹r, die Prozesse zu unterst¨¹tzen, die zu solchen Erkenntnissen f¨¹hren werden, denn es ist die Gesamtheit der Erkenntnisse, die noch ausstehen, die unsere Lebensqualit?t in Zukunft bestimmten wird.?

Die Priorisierung von Fakten gegen¨¹ber Theorien ist nicht unbedingt ein Ansatz, f¨¹r den Wirtschaftswissenschaftler bekannt sind. Dies wird sich aber, so hofft Romer, in Zukunft ?ndern.

?Zu meiner Entwicklung geh?rt nun auch die Erkenntnis, dass es ein Problem mit der ?konomie als Wissenschaft gibt?, sagt er. ?Weil alle so auf die F?rderung des Marktes fokussiert waren, entschied man sich daf¨¹r, Theorien f¨¹r bedeutsamer zu halten, als Fakten. Wir m¨¹ssen dazu zur¨¹ckkehren, Theorien als Mittel der Kl?rung, Vereinfachung und Kommunikation zu betrachten. Das w?re meiner Meinung nach ein riesiger Schritt in die richtige Richtung.?

Auch wenn Romer denkt, dass die Wirtschaftswissenschaften als akademische Disziplin noch einen weiten Weg vor sich haben, bleibt er wie immer optimistisch in Bezug auf die Zukunft.

?Die Wirtschaftswissenschaften sind gerade etwas chaotisch?, sagt er. ?Aber die jungen Leute sollten das als Chance begreifen, weil das Fach einfach reif f¨¹r eine Neuausrichtung ist. Das Chaos bietet die Chance, etwas Besseres zu erschaffen, was kluge Menschen anziehen wird, die wiederum ihre eigenen Spuren hinterlassen werden.?

Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?

H?ren Sie dazu die Meinung von Michael Spence und wie L?nder nachhaltiges Wachstum generieren und dabei langfristig einen positiven Effekt erzeugen k?nnen.

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