?A beautiful mind? ¨C das ist eines von Lloyd Shapleys Zitaten, welches sp?ter zum Titel des ber¨¹hmten Buches und danach auch Films ¨¹ber den Mathematiker John Forbes Nash Jr. wurde. Doch dieses Zitat k?nnte auch der Titel f¨¹r seine eigene Lebensgeschichte sein. Er war nicht nur einer der Mitbegr¨¹nder der Spieltheorie, er ¨¹berschritt auch die Grenzen seines eigenen Geistes, testete jene der Zeit und durchbrach die Schranken der Mathematik. Shapley ebnete sp?teren ?konomen den Weg, um den Ausgang von ?Spielen? mit Milliarden von ?Spielern? vorauszusagen. Sein Beitrag erm?glichte es, sowohl die Machtdynamik innerhalb der Wirtschaft als auch das Wahlsystem zu analysieren. Das sogenannte ?Heiratsproblem? ¨C das Problem der paarweisen Zuordnung von Dingen ¨C war einer seiner wichtigsten Beitr?ge und legte den Grundstein daf¨¹r, dass sp?tere Spieltheoretiker das stabile Matchmaking auf Schulen, medizinische Behandlungen und sogar Organtransplantationen ¨¹bertragen konnten. Shapley wird oft als Gigant der Spieltheorie bezeichnet und er hatte tats?chlich ein Faible f¨¹r Spiele.

Lloyd S. Shapley
Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften (anteilig), 2012
Der Vater der Spieltheorie ist ein verbl¨¹ffender Mann
Der Vater der Spieltheorie ist ein verbl¨¹ffender Mann
Die Strategie- und Denkspiele, die Shapley so liebte, liegen immer noch fein s?uberlich aufeinander gestapelt auf einem kleinen Beistelltisch. Hier in Tucson, Arizona, lebte Shapley in seinen letzten Jahren und wurde von seinem Sohn Peter und dessen Frau gepflegt. Peter erz?hlt uns, dass diese R?tselspiele eine wertvolle Erinnerung sind, nicht nur an Shapley selbst, sondern auch an die Zeit, die Peter in der Kindheit mit seinem Vater verbracht hat. ?Als der Zauberw¨¹rfel aufkam, starrte er diesen zun?chst f¨¹r lange Zeit an, bevor er ein paar Drehbewegungen machte, um ihn dann wieder mit dem Blick zu fixieren. Nach ein paar weiteren Drehungen war er fertig und sagte ?Ich habe 20 Z¨¹ge gebraucht??, erinnert sich Peter. ?Und ich dachte nur, ich brauche 200 Z¨¹ge. Aber ich bekomme es auch viel schneller hin. Als Mathematiker suchte er immer die optimale L?sung; was nicht immer die schnellste sein muss. Darin war er gut.?
Kann man mithilfe der Spieltheorie die Zeit beim Milit?r ¨¹berleben?
Seine mathematischen F?higkeiten und seine R?tselleidenschaft stellte er unter Beweis, als er im Jahr 1950 zusammen mit ein paar Freunden, darunter auch Nash, das Strategiespiel So Long Sucker erfand.
W?hrend seines Milit?rdienstes konnte er seiner Familie mithilfe einer verschl¨¹sselten Nachricht seinen Aufenthaltsort mitteilen. Seit er als frischer Harvard-Absolvent eingezogen worden war, waren seine Vorgesetzten zumindest so schlau, seine F?higkeiten eher in Unterst¨¹tzungsfunktionen als auf dem Schlachtfeld zu nutzen. Peter erz?hlt uns, dass sein Vater ?Codes und ?hnliche Dinge geknackt hat.?
Foto von Peter mit Shapleys Milit?runiform
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Mithilfe eines Algorithmus die wahre Liebe finden
Peter gesteht, dass er nur eine vage Vorstellung davon hat, welchen Beitrag sein Vater im Bereich der Spieltheorie geleistet hat. Vielleicht liegt das daran, dass Shapley, wie er selbst wusste, kein guter Lehrer war. ?Er sprach auf einem Niveau, das ¨¹ber dem von Highschool-Studenten und selbst dem der meisten College-Studenten liegt?, erinnert sich Peter. Eines weiss er jedoch ¨¹ber die Theorien seines Vaters: Das Problem stabiler Verteilungen, auch Heiratsproblem genannt, hat nichts mit dem Heiraten zu tun. Es handelt sich dabei nur um eine Metapher f¨¹r die Paarbildung von Personen oder Gruppen.
Doch wenn Shapley selbst nicht in der Lage war, seine Thesen einem Nicht-?konomen zu vermitteln, wer kann es dann?
Kann die Spieltheorie dabei helfen, die wahre Liebe zu finden?
Wir treffen Alvin Roth, Shapleys Mitpreistr?ger, in seinem B¨¹ro in Stanford. Dieser widmet sich dem Heiratsproblem seit dieses zur Grundlage seiner eigenen, sp?ter mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Arbeit geworden war. Shapleys Algorithmus, so erkl?rt Roth, versetzte ihn in die Lage, stabile Verteilungen zu finden, allerdings nicht f¨¹r M?nnern und Frauen, sondern f¨¹r die Zuweisung von Sch¨¹lern auf Schulen sowie in der Ausbildung befindlichen ?rzten auf Facharztprogramme. Roth erl?utert, dass sich die Funktionsweise des Algorithmus dennoch am besten anhand von M?nnern und Frauen demonstrieren l?sst und taucht in ein Beispiel ein.
Wie l?sst sich ein guter Match finden?
?Jeder Mann macht der Frau einen Heiratsantrag, die ihm am besten gef?llt?, beginnt er. ?Und jede Frau, die mehrere Heiratsantr?ge erh?lt, lehnt alle ab, bis auf den, der ihr am besten gef?llt. Wenn sie diesen einen Antrag nicht gleich annimmt, nennt man das den Deferred-Acceptance-Algorithmus. Sie schiebt die Entscheidung auf, lehnt den Antrag jedoch nicht ab.?
Nach diesem Algorithmus, den Shapley gemeinsam mit seinem Kollegen David Gale entwickelte, wird jeder Mann am Ende, wenn keine weiteren Heiratsantr?ge mehr gemacht werden, mit der Frau verheiratet sein, die von ihm einen Antrag erhalten und angenommen hat. Und die M?nner, deren Antr?ge abgelehnt wurden, bleiben Single, genau wie die Frauen, die keinen Heiratsantrag bekommen haben. ?Damit haben Gale und Shapley bewiesen, dass der Deferred-Acceptance-Algorithmus ungeachtet der anf?nglichen Pr?ferenzen stets zu einer stabilen Zuordnung f¨¹hrt?, sagt Roth.
Briefverkehr zwischen Shapley und Gale, in dem der Algorithmus beschrieben wurde

Ist es m?glich, den Ausgang eines Spiels vorherzusagen?
Shapley arbeitete auch eng mit seinem Freund, dem Mathematiker und Spieltheoretiker Robert Aumann, zusammen. Peter erinnert sich noch daran, wie oft sich sein Vater und Aumann stundenlang ?¨¹ber ein einziges Komma? stritten.
Aumann sagt, Shapley h?tte den Nobelpreis vor allen anderen Spieltheoretikern bekommen sollen, weil seine Arbeit die Grundlage f¨¹r all die anderen nach ihm war. Gemeinsam definierten die beiden den Aumann-Shapley-Wert. Dieser Wert basierte auf Shapleys bekanntestem Forschungsbeitrag, dem Shapley-Wert. Dabei handelt es sich um ein L?sungskonzept zur Beurteilung einer Spielsituation vor Spielbeginn. Das Konzept hilft bei der Einsch?tzung, ob es sich lohnt, ein Spiel zu spielen oder man stattdessen besser einen Kaffee trinken geht.
Shapley mochte es, Probleme auf dem Papier zu l?sen, ¨¹berliess die praktische Umsetzung der Ans?tze aber meist anderen. Oder wie Peter es ausdr¨¹ckt, sobald ein Problem gel?st war, wandte er sich davon ab und suchte sich ein neues.
Was k?nnen wir von Shapleys Arbeit zum Thema Wahlen lernen?
Im sogenannten Shapley-Shubik-Index wurde der Shapley-Wert zum Standardansatz f¨¹r die Analyse aller denkbaren Wahlsituationen. ?Er entwickelte ein Konzept, mit dem er mathematisch beweisen konnte, dass die W?hler in mittelgrossen Staaten mehr Abstimmungsmacht bei Pr?sidentschaftswahlen haben?, erl?utert Peter.
Wie lassen sich Machtverh?ltnisse analysieren?
?Es gibt f¨¹nf Vetom?chte. Die USA, Grossbritannien, Russland, China und Frankreich?, sagt Aumann und bezieht sich dabei auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. ?Die restlichen 10 Mitglieder des Sicherheitsrates besitzen kein Vetorecht. Wie sind nun die Kr?fteverh?ltnisse verteilt? Bei Zugrundelegung des Shapley-Wertes liegen 98 Prozent der Macht bei den f¨¹nf Grossen. Man w¨¹rde meinen, das Veto spiele gar keine so grosse Rolle.?Nun, es ist schon sehr wichtig.?

Eine parlamentarische Demokratie, die aus einer grossen und mehreren kleinen Parteien besteht, kann auch ins Feld gef¨¹hrt werden, um aufzuzeigen, wie die Macht gem?ss dem Shapley-Shubik-Index verteilt ist. ?Nehmen wir einmal an, eine grosse Partei erh?lt ein Drittel der W?hlerstimmen und die restlichen zwei Drittel verteilen sich auf die kleineren Parteien?, erkl?rt Aumann. ?Dann hat die grosse Partei zwar nur ein Drittel der Stimmen aber die H?lfte der Macht. In der B¨¹ndelung liegt also die Macht.?
Dann dreht er den Fall um, sodass zwei grosse Parteien jeweils ein Drittel der Stimmen auf sich vereinen und die kleinen Parteien das verbleibende Drittel f¨¹r sich beanspruchen. ?In diesem Fall bedeutet die B¨¹ndelung einen Mangel an Macht. Denn hier ist die Macht der kleinen Parteien gr?sser. Die beiden grossen Parteien mit jeweils einem Drittel der Stimmen verf¨¹gen jeweils nur ¨¹ber ein Viertel der Macht, w?hrend sich die andere H?lfte der Macht auf die kleinen Parteien verteilt.?
Meister der Spiele: Erinnerungen an Lloyd Shapley
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Shapley wuchs w?hrend der ?Grossen Depression? auf und war sein ganzes Leben mit Leib und Seele Demokrat. Peter zeigt uns stolz ein Foto mit ihm, seinem Vater und dem fr¨¹heren US-Pr?sidenten Barack Obama, den Shapley verehrte. ?Ich erinnere mich noch daran, wie ich vor ein paar Jahren mit ihm auf dem Freeway unterwegs war und er ein Schild entdeckte mit der Aufschrift ?Dieses Projekt wurde durch das American Recovery Act finanziert?. Das kommentierte er mit den Worten ?Das ist gut. Deshalb bin ich Demokrat geworden, denn das haben die Demokraten auch 1932 gemacht?.?
Bei einem Fussmarsch durch den Sabino Canyon in Tucson, wo Vater und Sohn oft gemeinsam unterwegs waren, reflektiert Peter ¨¹ber die letzten Tage seines Vaters. Die Verleihung des Nobelpreises war f¨¹r seinen Vater das bedeutendste Erlebnis in seinem Leben. ?Aber ich glaube nicht, dass es das Letzte war, was er sich gew¨¹nscht hat?, sagt Peter.
Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?
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